ÜBER DEN FILM
Im Sommer 2004 war der Präsidentschaftswahlkampf
in vollem Gange. Der Irakkrieg schien für halb Amerika noch eine gute
Idee zu sein, und die Versuche der US-Regierung, Widerspruch zu
unterdrücken, gingen so weit wie im Fall eines Einwohners von Albany,
der verhaftet wurde, weil er sich weigerte, ein T-shirt mit der
Aufschrift PEACE ON EARTH auszuziehen, während er sich in einem
Einkaufscenter aufhielt. Ich fuhr mit meiner Hündin Lucy übers Land,
hörte einen christlichen Radiosender und zählte die
MEINE-MAMMI-HAT-SICH-FÜR-DAS-LEBEN-ENTSCHIEDEN-Werbetafeln, als ich
eine Kurzgeschichte von meinem Freund Jon Raymond mit dem Titel OLD JOY
erhielt. Eine minimalistische Geschichte über Freundschaft, die sich
mit all den Gefühlen von Verlust und Entfremdung beschäftigte, mit
denen jeder um mich herum sich abzuplagen schien. Marks und Kurts
Beziehung war, unter anderem, eine große Metapher für die
Selbstzufriedenheit und Ineffektivität der Linken.
Zurück in New
York zeigte ich Pete Sillen das Drehbuch, der sofort begeistert war und
die Kamera übernehmen wollte. Kurz danach ging ich zu einer Lesung Jons
von OLD JOY (seine Kurzgeschichte war gerade mit Fotos von Justine
Kurland als Buch herausgekommen) und während dieser ganzen Lesung
stellte ich mir Will Oldham in den Szenen vor. Ich schickte ihm das
Buch, und die nächsten Monate verbrachten wir damit, zu überlegen,
welche Rolle er überehmen sollte - man kann sich das jetzt nur noch
schwer vorstellen, aber er fühlte sich zu beiden gleich stark
hingezogen. Will versuchte, mich mit einigen seiner sehr Kurt-artigen
Freunde zusammenzubringen, damit sie diese Rolle spielen könnten, aber
sie lebten alle in Trucks oder hatten kein Telefon und waren definitiv
zu Kurt-artig um sich festlegen zu lassen.
In diesem Winter fuhren
Pete und ich zu den heißen Quellen von Bagby und machten
Probeaufnahmen. Auf der Reise traf ich Tanya Smith, der ich die Rolle
als Marks Frau gab. Dann fanden wir schließlich Daniel London, ganz
klar Mark. Das wars, der Film war besetzt. Im Mai zog ich
nach
Oregon, um die Dreharbeiten vorzubereiten. Bis Juni hatten wir unser
6-Leute-Team zusammen. Daniel und Will trafen sich einen Tag vor
Drehbeginn das erste Mal. Wir filmten 10 Tage im und um das Portland
und Mount Hood Gebiet von Oregeon herum. Mit nur 50 Seiten Drehbuch
hatten wir Raum, einzelne Passagen auszudehnen, und so hatten Daniel
und Will, wenn ihnen danach war, die Möglichkeit zu improvisieren. Wir
benutzten Petes kleine A-minima Kamera mit 60-Meter-Filmrollen und da
der größte Teil der Geschichte im Freien und bei Tageslicht spielt,
mussten wir uns nicht von einer tonnenschweren Ausrüstung einschränken
lassen. Unser Produzent fand ein kirchliches Refugium oben in den
Bergen, und wir mieteten dort ein paar Hütten. Ich stellte mir immer
wieder vor, wie "Exile on Main Street" aufgenommen worden war, in dem
Sinn, dass eine kleine Gruppe von Menschen sich absetzt und zusammen in
einer wundervollen Umgebung versteckt, um sich ganz auf dieses eine
Projekt zu konzentrieren. Ich denke, unsere intime Herangehensweise an
die Dreharbeiten zeigt sich auch im Film selbst. Die Herausforderung an
dieser Art des Filmemachens ist es, die Limitierungen in etwas
umzumünzen, das für einen arbeitet, indem es etwas zu der
Zerbrechlichkeit der Geschichte hinzufügt.
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